Am gestrigen Abend haben wir mit dem Winterkolloquium die Veranstaltungsreihe der Saison 2019 eingeläutet. Geladen hatten wir aufgrund des festlichen Anlasses – wir feiern 20 Jahre Jubiläum – eine Ikone der ökologischen Waldwirtschaft: Dr. Franz Straubinger.
Dr. Franz Straubinger ist Geschäftsführer der Hatzfeldt-Wildenburg´schen Verwaltung und berichtete über den Werdegang des Betriebsteils in Schönstein. Hier wurde der Forstbetrieb seit über 20 Jahren von Nadelholzdominierten Kahlschlägen zu gemischten und strukturierten Mischwäldern umgebaut. Wirtschaftlich und klimatisch stabile Wälder mit einem beispiellosen Reichtum an Baumarten, hohem Wertholzanteil und eine üppige Biodiversität von der Moos- bis zur Strauchschicht waren das hoch gesteckte Ziel. Grundlage dafür ist natürlich eine entsprechend waldfreundliche Jagdstrategie, die auch die erfolgreiche natürliche Verjüngung seltener und verbissgefährdeter Baumarten wie Weißtanne, Ahorn und Eiche ermöglicht.
Der Erfolg gibt ihm recht: die Verbissprozente belaufen sich inzwischen bei allen Baumarten unter 5%, an den hellen Waldsäumen tummeln sich verloren geglaubte Pflanzen, die wiederum Lebensraum für Insekten, Vögel und Kleinsäuger bieten. Verbissschutzmaßnahmen wie Zäune und Wuchshüllen kommen im Betrieb nicht mehr vor. Gleichzeitig profitiert der Wildbestand von der Aufwertung des Ökosystems. Nach einer Reduktionsphase stieg der Rehwildbestand erneut an und so wurden in den letzten Jahren konstant und nachhaltig 16 Rehe auf 100 ha erlegt. Dabei hat sich deren Gewicht seit Beginn der Umstellung signifikant erhöht, hochvitale Ricken setzen zwei bis drei Kitze und es kommt zu fast keinen Verlusten mehr durch den Straßenverkehr.
In Anbetracht der im Vergleich angespannten Situation in Sachsen drängte sich dem Zuhörer natürlich die Frage auf, wie der Betrieb dabei alle Jäger friedlich unter einen Hut bekommen und behalten konnte. Doch auch hier blieb uns Dr. Straubinger keine Antwort schuldig. Zunächst erhalten alle Jäger, gleich ob Betriebsleiter oder kleines Licht, die gleichen Jagdmöglichkeiten und Freigaben. Gejagt wurde fortan nur noch in Teams. Durch den regelmäßigen Kontakt finden damit zugleich stetiger Erfahrungsaustausch und Praxisgewinn statt. Individuelle Talente wurden innerhalb der Teams identifiziert und gezielt gefördert.
Die breite Öffentlichkeit konnte in Anbetracht der entstehenden Waldbilder leicht überzeugt werden. Doch auch auf diesem Feld ist stetige Arbeit aller Mitarbeiter auf allen Ebenen notwendig. Jeder Mitarbeiter und Mitjäger ist ein Multiplikator und trägt zum Erscheinungsbild des Betriebes bei. Entsprechend hoher Wert wird auf die Motivation des Teams gelegt. Der Wald steht jedem Interessierten offen, Waldführungen werden mit Gruppen jeglicher Couleur organisiert, vermitteln die eigenen Motive und finden regelmäßig Unterstützer für das eigene Handeln. Wissenschaftliche Begleitarbeiten und Projekte werden parallel unterstützt und angeregt.
Folglich wurden auch alle Teilnehmer des Kolloquiums sogleich eingeladen den Betrieb nicht nur auf der Präsentation, sondern vor Ort in Person zu besichtigen. Wir möchten dies natürlich nich ausschlagen und werden uns um eine baldige Terminfindung bemühen. Bis dahin verabschieden wir uns mit der einer der Kernbotschaften des Abends:
- Diskutieren, aber nicht von oben herab
- mit Kritik umgehen ohne Gram
- individuelle Talente finden und fördern
Wer es nicht abwarten kann und derweil mehr über den Betrieb erfahren möchte, dem sei folgendes Video empfohlen: Die Grafen und der Sturm.
Diese Veranstaltung wurde aus Mitteln der Jagdabgabe gefördert. Wir danken dem Cateringservice der TU Dresden, dem Heinrich-Cotta-Club für die Leihe der Leinwand sowie unseren zahlreichen Helfern bei der Vor- und Nachbereitung der Veranstaltung!